Für besonders motivierte und begabte Schüler besteht an vielen Universitäten die Möglichkeit, bereits während der Schulzeit parallel zum laufenden Unterricht zu studieren, im Rahmen eines Schülerstudiums, auch genannt „Juniorstudium“. Zurzeit gibt es etwa 1.000 motivierte Jugendliche in Deutschland, die ein solches Angebot nutzen. Die 18-jährige Fereshta H. war eine von ihnen und wie das Ganze funktioniert, wer dafür geeignet ist und was man dabei so erlebt, verrät euch die ehemalige Schülerstudentin hier im Interview.

 

 

Fereshta, wie kamst du auf die Idee parallel zur Schule ein Studium aufzugreifen?

 

 

Ehrlich gesagt war es gar nicht meine Idee. Ich wusste gar nicht, dass es sowas überhaupt gibt, weil ich noch nie davon gehört hatte. Mich hat unser damaliger Mittelstufenkoordinator angesprochen, dass die Lehrer auf der Zeugniskonferenz über mich gesprochen haben und er hat angefragt ob ich Interesse daran hätte. Ich habe mich dann darüber informiert und mich hat es sehr gefreut und interessiert, denn ich hatte schon einige Jahre davor den Entschluss gefasst, dass ich studieren möchte. Durch das Juniorstudium hatte ich eine sehr gute Möglichkeit schon vor dem Abitur zu gucken ob der gewählte Studiengang etwas für mich ist oder nicht.

 

 

Welchen Studiengang hast du denn gewählt und wie hat es dir gefallen?

 

 

Ich habe mir Rechtswissenschaft, also Jura, ausgesucht und es hat mir sehr gut gefallen. Ich freue mich wirklich, dass ich diese einmalige Chance hatte zu sehen ob dieser Studiengang tatsächlich etwas für mich ist, da ich schon seit vielen Jahren davon geträumt hatte. Mir haben vorher viele Leute davon abgeraten Jura zu studieren, so konnte ich aber meine eigenen Erfahrungen machen. Diese haben sich glücklicherweise nicht mit den Erzählungen gedeckt, deswegen beginne ich in diesem Semester, jetzt wo ich mit der Schule fertig bin, richtig Jura zu studieren! Einige Juniorstudenten (zu denen ich aber leider nicht gehörte, weil ich die Zeit dafür nicht gefunden habe) haben sogar einige Prüfungen und Grundlagenscheine gemacht, die sie nun in ihrem richtigen Studium anrechnen lassen können. Ich habe außerdem einige neue Freundschaften geschlossen, denn alle, die ich kennenlernen durfte, waren wirklich nett und offen und ich wurde ganz normal behandelt. Für all diese Möglichkeiten bin ich meinen Lehrern sehr dankbar.

 

 

Hast du nur mit Schülern zusammen studiert oder mit normalen Studenten? Wo hast du studiert?

 

 

Beim Juniorstudium ist es allgemein so, dass man mit ganz normalen Studenten studiert, das heißt man sucht sich einen Studiengang aus und dann kann man selber entscheiden welche Vorlesungen, Arbeitsgemeinschaften, Seminare, etc. man besuchen möchte. Natürlich kann es vorkommen, dass es in dem jeweiligen Fach noch andere Schülerstudenten gibt (bei mir gab es drei weitere Mädchen) aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass sie die gleiche Vorlesung besuchen und wenn ist man maximal zu zweit unter ungefähr 250 anderen „normalen“ Studenten. Ich war an der Uni Hamburg bei der Fakultät für Rechtswissenschaft.

 

 

Hattest du keine Sorge, dass deine Leistungen in der Schule unter der Doppelbelastung leiden würden?

 

 

Ehrlich gesagt nein, meine Eltern haben zwar zunächst auch danach gefragt, aber ich habe eigentlich gar nicht daran gedacht. In dem Moment dachte ich nur daran, dass es ein wirklich interessantes Angebot ist, was ich nicht verpassen sollte. Man kann selber entscheiden wie viel man sich zutraut und es gab auch Arbeitsgemeinschaften, die ich nur außerhalb der Schulzeit besucht habe. Die Lehrer haben mich aber ebenfalls unterstützt und es war für sie kein Problem, wenn ich mal zwei Stunden des Unterrichts verpasst habe. Zu Hause konnte ich eigentlich alles gut nacharbeiten. Man kann es meiner Meinung nach eigentlich mit einem Hobby von anderen Schülern vergleichen, denn diese nehmen ja auch Zeit in Anspruch.

 

 

Wie haben deine damaligen Mitschüler auf dein besonderes Engagement reagiert?

 

 

Viele wussten zunächst nicht was ein Schülerstudium ist, aber nachdem ich es ihnen erklärt hatte, habe ich eigentlich nur positives Feedback bekommen. Die meisten fanden es interessant und haben hin und wieder gefragt wie es läuft. Ich hatte aber auch Glück mit meinen Mitschülern, denn die meisten waren wirklich liebe, kluge und offene Menschen. Somit hat mir auch jeder, den ich nach dem versäumten Unterrichtsinhalt der letzten Stunde gefragt habe, sofort geholfen.

 

 

Für wen ist ein Schülerstudium zu empfehlen? Welche Voraussetzungen und Eigenschaften muss man mitbringen?

 

 

Es kommt eigentlich drauf an mit welchen Ziel man da ran geht und wie viel Zeit man investieren möchte. Aber ich glaube, dass es am wichtigsten ist, dass man Spaß und viel Interesse an dem Studiengang hat. Außerdem sollte man bereit sein versäumten Stoff aus den Schulstunden nachzuarbeiten, was meiner Meinung nach aber kein allzu großes Problem darstellt, sofern man grundsätzlich fleißig und motiviert ist.

 

 

 

Wer sich nach diesem Artikel zu einem Schülerstudium inspiriert fühlt oder zumindest gerne mal in einige Vorlesungen reinschnuppern würde, der informiert sich am besten direkt auf der Internetseite der Universität in seiner Nähe über mögliche Angebote für Schüler. Viel Erfolg! (jf/fd)